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“Wir haben gesehen, was möglich ist“

Mit den Finalspielen in der HLA und Bundesliga geht eine lange Saison schön langsam zu Ende. Bei Handball Tirol die Zeit, ein Resümee zu ziehen – Sportkoordinator Thomas Lintner im Gespräch. Es war eine spannende Saison für Handball Tirol. Die junge Bundesliga-Mannschaft von medalp Handball Tirol durchlief Höhen und Tiefen, verpasste nach einer überragenden Hinrunde im Grunddurchgang doch noch hauchdünn das Obere Playoff und musste letztlich hart für den Klassenerhalt kämpfen. Auf die nun nochmals deutlich verjüngte Truppe warten ab Sommer ein neuer Trainer und neue Herausforderungen. Das HLA-Team von Sparkasse Schwaz Handball Tirol erlebte eine teils sensationellen Grunddurchgang, war nach zehn Spieltagen Tabellenführer. Doch dann folgte ein leichter Einbruch, im Dezember scheiterte die Truppe von Trainer Raúl Alonso denkbar knapp am Einzug ins Obere Playoff. Doch ein überragendes Unteres Playoff brachte die Schwazer zurück in die Spur, im Viertelfinale wurde Rekordmeister Bregenz in dominanter Manier geschlagen. Erst im Semifinale war nach zwei Krimis gegen den amtierenden Champion Fivers Margareten Endstation. Doch einige Eckdaten können sich mehr als sehen lassen: So blieb Sparkasse Schwaz Handball Tirol ein Jahr zuhause ungeschlagen, überstand das gesamte Playoff ohne Niederlage und schaffte es als erster Verein in der Geschichte der HLA, aus dem Unteren Playoff kommend ins Halbfinale vorzudringen. Etwa 600 Zuschauer unterstützten das Team im Schnitt bei den Heimspielen in der Festung Osthalle, mit einem Altersdurchschnitt von knapp über 23 Jahren stellte man eine der jüngsten Mannschaften der Liga – die noch jede Menge Zukunft vor sich hat. Wie bewertest du die Entwicklung von Sparkasse Schwaz Handball Tirol in dieser HLA-Saison im Vergleich mit der vorigen? Thomas Lintner: Wir haben die vorige Saison 2015/16 einer eingehenden Analyse unterzogen und entsprechende Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet. Vor allem was die körperliche Komponente anbelangt, haben wir in dieser Spielzeit neuerlich einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Der Umfang und die Intensität in puncto Training wurden nochmals erhöht, gerade die Sommermonate und die Zeit bis Oktober waren sehr intensiv. Aber es hat sich ausgezahlt, wir waren topfit, hatten insgesamt mit wenigen Verletzungen zu kämpfen. Insgesamt haben wir noch professioneller agiert als in der Vorsaison und wollen uns nun weiterhin in diese Richtung bewegen: Wir sind noch nicht da wo wir hinwollen, dieser Zugang, diese Umfänge müssen den Spielern in Fleisch und Blut übergehen – das ist die neue Normalität. Wie sieht dein Resümee dieser nun zu Ende gehenden HLA-Saison aus? Lintner: Nach einer sehr starken Hinrunde im Grunddurchgang hatten wir ab Ende Oktober einen Einbruch, vor allem aufgrund der Verletzung von Torhüter Aliaksei Kishov. Wir haben uns aber recht rasch gefangen, sind dann wieder kompakt aufgetreten. Dieses kurz Tief hat uns aber leider das Obere Playoff gekostet. Dafür haben wir in der Winterpause nochmals richtig Gas gegeben und sind im Frühjahr mit neuem Elan voll durchgestartet. Insgesamt können wir sehr zufrieden sein, wir haben gezeigt, dass wir einen starken Kader haben, auch in der Breite inzwischen gut aufgestellt sind. Es gab sehr viele positive Erscheinungen – so haben sich etwa Dario Lochner und Balthasar Huber am Kreis gut ergänzt. Mit Matias Jepsen kam im Winter noch mehr Spielkultur hinzu. Die Mannschaft hat eine Identität entwickelt, das hat man gerade im Frühjahr gesehen. Wir haben Bregenz im Viertelfinale souverän bezwungen, waren gegen die Fivers im Semifinale auf Augenhöhe – da hat uns dann nur die Abgebrühtheit und die Erfahrung in gewissen Phasen gefehlt. Wir haben aber gesehen, was möglich ist. Welche Rolle hat das Trainerteam für den Erfolg gespielt? Raúl Alonso hat in den zwei Jahren, die er nunmehr in Tirol ist, überragende Arbeit geleistet – daher haben wir uns auch für die langfristige Vertragsverlängerung im Herbst entschieden. Er ist akribisch und stellt hohe Anforderungen, hat dabei aber stets auch ein Auge auf unsere Möglichkeiten und wie wir diese noch optimieren können. Gemeinsam möchten wir jeden Stein umdrehen. Sebastià Salvat und Hannes Danler sowie Christian Aigner ergänzen das Trainerteam ideal, wir haben uns hier gefunden und können damit mittelfristig in Ruhe arbeiten. Welche Ziele gibt es für die kommende HLA-Saison? Lintner: Wir werden versuchen, uns gerade im Bereich Deckung nochmals zu verbessern – auch wenn wir hier zuletzt einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Die Siebenmeterquote sollten wir auch klar steigern, obwohl das natürlich nicht leicht zu trainieren ist. Im Semifinale war das aber einer der Knackpunkte. Das Team wird sich weiterhin sehr jung präsentieren. Armin Hochleitner wird fixer Bestandteil des HLA-Teams. Clemens Wilfling noch mehr Einsatzzeiten bekommen. Matias Jepsen bleibt zumindest ein weiteres Jahr bei uns, er ist ein sehr positiver Charakter und passt zur Mannschaft: Seine Qualitäten als Spielmacher hat er gezeigt, in der kommenden Saison werden die Abläufe noch flüssiger sein, wenn Matias die komplette Vorbereitung mitgemacht hat. Wie ist die abgelaufene Bundesliga-Saison zu bewerten? Lintner: Wir sind gut gestartet, haben bis Mitte Oktober super Leistungen abgeliefert. Der Rückfall hat kurz nach dem Semesterbeginn auf der Universität begonnen: Offenbar war die Doppelbelastung aus Handball- und Uni-Alltag für einige nicht unter einen Hut zu bekommen. Hervorzuheben ist etwa die positive Entwicklung von Armin Hochleitner, Alfons Huber und Philipp Humer. Das Wichtigste ist, das wir die Klasse gehalten haben. Wir haben gesehen, dass wir Spieler brauchen, die bereit sind, für den Leistungssport alles zu investieren. Der Versuch mit einer Mannschaft aus arrivierten und jungen Spielern hat nicht optimal geklappt, aber daraus haben wir unsere Schlüsse gezogen. Was bedeutet das für das Bundesliga-Team? Lintner: In der anstehenden Saison wird eine sehr junge Mannschaft einen nächsten Schritt in Richtung Leistungssport machen. Es wird sicher nicht leicht, weil dem Team noch die Erfahrung fehlt, aber wir glauben an die Zukunft und Qualität dieser Spieler – wir fördern jene Charaktere, die bereit sind, sehr viel für den Sport zu geben. Mit Herbert Lastowitza kommt ein neuer Trainer, der seine Fähigkeiten in der Arbeit mit jungen Spielern bereits mehrfach unter Beweis gestellt hat. Er wird sich viel Zeit für die Arbeit mit der neuen Trainingsgruppe, bestehend aus den Kadern der Bundesliga sowie der Bundesliga-U20, nehmen, Talente gezielt weiterentwickeln. Mindaugas Andriuska könnte diese Tätigkeit aufgrund seiner vielen Aufgaben, unter anderem im Hort des Paulinum-Gymnasiums, nicht mehr wahrnehmen, daher der Wechsel. Was wird von den jungen Eigenbauspielern erwartet? Lintner: Talent alleine reicht nicht, wir und vor allem auch Herbert Lastowitza fordern und fördern den kompromisslosen Zugang zum Handballsport, das ist ein wesentliches Kriterium. Ich darf hierbei auf die Worte von Bill Belichick, American-Football-Erfolgstrainer der New England Patriots verweisen: ‚Talent sets the floor, character sets the ceiling.‘ Und genau diese Gedanken wollen wir bei Handball Tirol langfristig implementieren. Die Spieler müssen sehen, was es braucht, um die sportlichen Ziele zu erreichen. Herbert bringt dafür den notwendigen Zugang mit. Wie haben sich die U20-Teams in diesem Spieljahr präsentiert? Lintner: Wir haben gesehen, wie wichtig es ist, früh mit professionellem Training zu beginnen, um nachhaltig etwas aufbauen zu können. Die HLA U20 hat eine enorme und kontinuierliche Steigerung im Laufe der Saison hingelegt. Höhepunkt war der Finaleinzug beim Cup Final 4 in Wien. Die Leistungen waren gerade im Frühjahr sehr stark. Die Bundesliga U20 hat auch durchaus überzeugt – diese Talente bis zum Jahrgang 2001 bilden nun ja ab Sommer zusammen mit der Bundesliga eine Trainingsgruppe. So soll der Übergang in den Herrenbereich reibungsloser funktionieren. Die HLA U20 wird noch ein Jahr in dieser Konstellation zusammenbleiben, ehe die Spieler in die Bundesliga nachrücken. Wie schaut es allgemein in Sachen Jugend aus? Lintner: Wir haben im letzten Jahr wieder sehr viel im Schulbereich getan, es gab so viele Schulbewerbe wie noch nie. Die Jugendtrainer Nina Samwald und Patric Petersohn haben das Volksschulprojekt erneut mit viel Einsatz vorangetrieben und durften eine neue Rekordzahl an Kindern begrüßen. Die Investitionen in der Jugendarbeit mit hauptberuflichen Trainern machen sich allmählich bezahlt. Wir erreichen eine immer größere Breite, viele Kinder haben Interesse am Handballsport – sei es in Innsbruck, im Unter- oder Oberland. Dabei hilft ganz Handball Tirol natürlich auch die tolle Arbeit, die etwa in Absam oder Wörgl geleistet wird. Je mehr Vereine abseits der Hotspots Innsbruck und Schwaz entstehen, desto besser ist das für die Entwicklung des Sports in ganz Tirol. Was sind grundlegende Ziele in der Nachwuchsarbeit? Lintner: Ein entscheidender Punkt ist, die Jugendspieler so früh wie möglich auf die weiteren Aufgaben vorzubereiten – und die Talente, die den nötigen Willen mitbringen, frühzeitig zu fördern. Das bedeutet, Teams ab der U15 in den Leistungsbereich zu bringen: Etwa durch ein spezielles Krafttrainingsprogramm, das vor allem Qualität im Auge hat. Unser Athletiktrainer Hannes Danler wird sich kommende Saison z.B. um die Spieler aus dem Sport-BORG in Innsbruck kümmern. Hannes wird sein Know-how auch im Jugendbereich weitergeben – damit steuern wir die physische Entwicklung der Nachwuchsspieler, ohne sie aber körperlich zu überfordern. Wie ist Handball Tirol als gesamter Verein inzwischen aufgestellt? Lintner: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Wenn man etwa sieht, wie die Gestaltungsmöglichkeiten einer Schwazer Osthalle inzwischen voll ausgeschöpft werden. Dadurch entsteht schon eine ganz andere Atmosphäre, die Zuschauer sorgen für eine beeindruckende Stimmung. In der Bundesliga hat sich das junge, fast nur aus Tirolern bestehende Team in der kommenden Saison auch eine große und permanente Fan-Unterstützung verdient. Im Umfeld von Handball Tirol wird sehr gut gearbeitet, die Struktur wurde in den letzten Jahren aufgebaut. In der Organisation sind wir gerade auch dank unserer Geschäftsstelle mit Maria Steinlechner und Dominik Stecher breit aufgestellt. Wir haben viele weitere Helfer, denen Handball am Herzen liegt und die alles für den Verein geben. Vielen Dank für das Gespräch.
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